Hassliebe zu Mama...
Ich kenne dich nicht. Von 204 lebensmonatenwarst du genau 6 MonateIn meinem Leben. Fragst nie nach mir. Hast mich vielleicht vergessen. Aber vielleicht denkst du noch manchmal an mich.
Weißt du...
Ich kenne dich nicht. Habe keine Erinnerung an dich. Kein Bild vor Augen. Kann nur von Erzählungen über dich urteilen. Hast mein Bruder beschützt. Mich hast du bei ihm gelassen. Bei dem der mich töten wollte.
Trotz diesen Erzählungen weiß ich rein Garnichts über dich.
Aber Mama, Ich denke jeden Tag an dich. Frage mich wie es dir geht. Frage mich ob du mich noch kennst. Ob du an mich denkst. Wünsche mir ein Wiedersehen. Doch ich habe angst. Du hast eine Psychose. Ich habe eine multiple Persönlichkeit. Kann das gut gehen? Es sind so viele Emotionen beiderseits. Vielleicht sind Persönlichkeiten meinerseits da, die noch genaue Erinnerungen haben, die dich hassen. Dir den Tod wünschen. Oder es sind welche die in eine kinderrolle fallen weil sie dich sehen. Aber was werde ich fühlen? Deine stimme hören. Deinen Duft riechen. Durch dich bin ich entstanden. Du bist meine verbündete. Hast mich erschaffen. Mich acht Monate in deinem Bauch gehalten. Vielleicht hast du mich geliebt. Vielleicht müsstest du beim erblicken meines herzschlages weinen.
Vielleicht habe ich dich aber auch kalt gelassen. Fände ich okay. Ich meine du warst jung, arbeitslos, heroinabhängig. Dann noch so eine Last der Schwangerschaft. Verstehe ich wohl.
Aber trotzdem frage ich mich in du mich liebst??? Ich meine ich bin deine Tochter. Hattest ein Jahr lang die Chance mich im Arm zu halten. Hast du nicht gemacht ich weiß. Wäre vor Vernachlässigung fast gestorben. Aber ich lebe. Und das ist die Hauptsache. Aber sag mir. Liebst du mich trotzdem allem?
Interessiert es dich was mit mir ist? Wie ich über dich denke?

Mama??

Ich liebe dich.
Ich vermisse dich.
Ich denke oft an dich.

Jetzt weißt du was ich für dich empfinde. Für einen quasi fremden Menschen. Aber du bist meine erzeugerin. Hast mich in deinem Körper erschaffen.

Anderer seits hasse ich dich. Du hast mir so viel Leid angetan. Wäre wegen deiner fatalen Vernachlässigung fast gestorben. Hast nichts getan als Papa mich schlug. Hast mich nicht besucht als ich mit einem halben Jahr im Krankenhaus lag. Hast nie eingesehen das das Heroin auch mir, deinem damaligen ungeborenen Kind schadet. Hast lustig weiter gespritzt. Siehst deine Fehler nicht ein. Hast dich nie wieder gemeldet. Doch. Ein mal. Oder zwei mal. Habe dich ein halbes Jahr lang gesucht. Dachte du wärst Tod. Ein halbes Jahr lang dachte ich die die mich erschaffen hatte würde sich in den Tod gespritzt haben. Bis dann die Nachricht kam. Jessica wurde gefunden. Himmel war ich glücklich. Habe Briefe geschickt. Zwei drei mal kam einer zurück. Funkstille. Versuche wieder Kontakt aufzunehmen. Alle gescheitert.
Aber ich gebe nicht auf. Auch wenn ich dich hasse Liebe ich dich.
Fühle mich in letzter Zeit so verbunden mit dir. Sehnsucht.
Sehnsucht nach jemanden den es nicht gibt. Denn die Mutter die ich mir vorstelle bist du nicht. Wirst du nie sein. Werde zu viel erwarten. Bekomme bestimmt nicht einmal eine Umarmung. Es wird bestimmt verklemmt ablaufen. Wüsste nicht wie ich reagieren soll. Ein Wiedersehen.
Oh Gott. Soll ich es wagen? Oder soll ich lieber meine Illusion beibehalten, um der Realität zu entfliehen? Ich will die Wahrheit oft nicht sehen. So auch jetzt. Aber ich habe unstillbare Sehnsucht. Keine Ahnung woher sie so plötzlich kommt...