Narbenmädchen
Ich kenne ein kind.
Dieses ist grade 17 geworden.
Es geht ihr nicht gut. Sie hat viel angst. Hat viel leiden hinter sich. Kann sich und ihr Verhalten nur noch selten kontrollieren. Sie hat mehrere psychische Krankheiten.
Darunter Essstörungen und dissoziative Identitätsstörung.
Die dis ist der Grund warum sie so unkontrolliert ist. Der Grund warum sie so Angst hat. Denn Kontrolle ist bei ihr ein Zwang. Verliert sie Kontrolle, verliert sie sich. Sie will perfekt sein. Nicht für sich, nein, für alle anderen. Nur für sich nicht. Denn sie kann sich niemals perfekt sehen. Das nämlich wäre der sicherste Tod.
Ja, oft denkt sie daran. An den Tod meine ich. Oft hält sie Betäubungsmittel und klinge in der hand. Wirft sie doch weg. Stürzt aus der Gruppe. Rennt zu den schienen. Hier hat sie alle paar Minuten die Möglichkeit sich umzubringen.
Doch sie tut es nicht.
Sie fängt an zu zittern. Fängt an unkontrolliert zu zucken. Nein. Da war es wieder denkt sie dann. Der kontrollverlust. Sie rennt los. Rennt aus angst. Doch wovor sie angst hat, kann sie nicht flüchten. Denn am aller meisten angst hat sie vor sich selbst. Ihre augen ziehen schnell von links nach rechts und von oben nach unten. Sie fällt. Sie zuckt. Sie fällt in Ohnmacht. Sie kennt das. Doch wenn sie erwacht, ist sie nicht wieder zu erkennen. Sie braucht erst mal zeit für eine kurze Analyse. Wo war sie? Was ist die Situation. Sie war nicht mehr sie. Sie hat die Persönlichkeit gewechselt. Wird sich später selber hassen. Sie hasst kontrollverlust. Sie hat kontrollzwang.
Ich weiß sie weiß jetzt nicht was sie oder besser gesagt ihr Körper macht. Kann nicht beeinflussen. Sie ist wie ein anderer Mensch. Sie ist nicht mehr multiherzen. Sie ist irgendwas anderes.
Und wenn sie wieder sie selbst ist, weiß sie nicht was passiert ist. Weiß rein Garnichts mehr. Es kann sogar sein, das sie den wechsel nicht mitbekommen hat. Oder ihm erst viel später bemerkt. Aufgrund Veränderung.
Jedenfalls nenne ich diese Hilflosigkeit, dieses Mädchen was nach Schutz sucht, nach Geborgenheit, nach Akzeptanz, nach Zuhörer dieses Mädchen was so stark ist nenne ich narbenmädchen. Sie wird so oft angestarrt. So oft spürt sie blicke die ihren Arm fixieren.
Sooft wird sie angesprochen. Sie wird oft nach den Narben gefragt.
Sie ignoriert die blicke. Doch manchmal starrt sie den gaffern auch direkt ins Auge. Viele schauen oft beschämt weg. Aber andere starren stumm zurück. Dies hält narbenmädchen nicht so lange aus. Dann bekommt sie angst.
Wenn Menschen sie ansprechen dann sagt sie meistens das es nicht so schlimm ist, und es weitaus schlimmere narben gibt, das es Menschen gibt den es schlechter geht als ihr.
Aber manchmal spricht sie einfach drauf los. Versucht hilfe zu bekommen. Doch mehr als bemitleidende blicke bekommt sie nicht. Sie will nicht bemitleidet werden.
Aber sie kennt das. Kein Mensch will sich unbedingt Probleme der Anderen Menschen anhören. Unter Freunden und Familie vielleicht. Aber ehrlich sie weiß das sie viel lieber über glückliche dinge sprachen.
Sie wird noch lange alleine kämpfen müssen. Aber sie findet es nicht all zu schlimm. Denn das hat sie jetzt 17 jahre geschafft. Jetzt schafft sie es mindestens genauso lange. Sie weiß wie stark sie ist. Sie weiß wie stolz sie auf sich ist.
Jetzt ist sie dabei anzufangen die Trümmern um such herum aufzusammeln, sie zu sortieren, sie zu stapeln und daraus ein neues sie zu bauen. Sie will eigentlich jemand ganz anderes sein. Doch das gibt sie nicht so gerne zu. Bus sie es geschafft hat, wird es jedoch noch bus zu drei Jahren dauern. Aber sie ist sich sicher bald ihr eigenes Vorbild zu sein.
Sie hat Ziele. Viele sogar. Und sie weiß jedes von ihnen erreichen zu können wenn sie nur nie aufgibt.
Und ich verrate euch ein Geheimnis von ihr.
Narbenmädchen bin ich, multiherzen.

Und ich bin grade bodenlos gefallen. Doch ich weiß zu kämpfen. Und ich werde Hindernisse besiegen. Dann lerne ich zu fliegen.
Und ich werde fliegen. Und zwar hoch hinaus.
Höher als mir irgendwer zu trauen würde